Ist in sog. Bauträgerfällen bereits Festsetzungsverjährung beim Bauleistenden eingetreten, führt ein Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers, also des Bauträgers, nicht zu einer Ablaufhemmung für die Steuerfestsetzung beim Bauleistenden.

Hintergrund

Die Tischlerei-KG T erbrachte im Jahr 2009 Bauleistungen an einen Bauträger, die Firma X. Die Vertragspartner gingen entsprechend der damaligen Regelung davon aus, dass die X als Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer schuldet. Die T wies daher keine Umsatzsteuer aus und erfasste diesen Umsatz auch nicht in ihrer Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2009. Nach Zustimmung des Finanzamts stand die Umsatzsteuer-Jahreserklärung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleich.

Im Anschluss an das Urteil des Bundesfinanzhofs v. 22.8.2013 (V R 37/10 (BStBl 2014 II S. 128) beantragte die X als Leistungsempfängerin die Erstattung der von ihr als Steuerschuldnerin nach § 13b UStG a.F. an das Finanzamt gezahlten Umsatzsteuer.

Das Finanzamt forderte die T auf, eine berichtigte Umsatzsteuer-Erklärung für 2009 unter Berücksichtigung des Umsatzes an die Firma X einzureichen. Dem kam die T nicht nach, weil sie davon ausging, dass bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war und die Umsatzsteuer-Festsetzung 2009 daher vom Finanzamt nicht mehr geändert werden konnte. Aufgrund des Vorbehalts der Nachprüfung erließ das Finanzamt einen geänderten Umsatzsteuer-Bescheid 2009 und erhöhte unter Hinweis auf eine Hemmung der Verjährung die Umsätze zum Regelsteuersatz um das Nettoentgelt für die Bauleistung der T an die X.

Das Finanzgericht gab der Klage der T statt.

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Festsetzungsfrist für den Erlass des Umsatzsteuer-Änderungsbescheids 2009 nicht gehemmt war.

Die Festsetzungsfrist für die Umsatzsteuer beträgt 4 Jahre und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steuerpflichtige seine Jahressteuererklärung beim Finanzamt eingereicht hat. T hatte ihre Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2009 am 30.12.2010 beim Finanzamt eingereicht. Die Festsetzungsfrist begann daher mit Ablauf des Jahres 2010 und endete mit Ablauf des 31.12.2014. Im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Umsatzsteuer-Änderungsbescheids vom 26.3.2018 war die reguläre Festsetzungsfrist somit bereits seit mehreren Jahren abgelaufen.

§171 AO hemmt nur den Ablauf einer offenen Festsetzungsfrist, kann diese aber nach einmal eingetretener Festsetzungsverjährung nicht erneut anlaufen lassen. Denn Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis erlöschen durch Verjährung. Das Erlöschen ist endgültig, sodass ein erloschener Anspruch nicht wieder aufleben kann. Ereignisse, die eine Hemmung der Verjährung bewirken könnten, gehen daher nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ins Leere. Auch bei § 171 Abs. 14 AO kommt es somit darauf an, dass dieser Erstattungsanspruch bereits vor Ablauf der Festsetzungsfrist entstanden ist.

Die Voraussetzungen für die Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 14 AO, wonach die Festsetzungsfrist für einen Steueranspruch nicht endet, soweit ein damit zusammenhängender Erstattungsanspruch noch nicht verjährt ist, liegen nicht vor. Denn der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch gegenüber der Firma X als Leistungsempfängerin entstand erst nach Ablauf der für die T geltenden Festsetzungsfrist. Die Leistungsempfängerin (Firma X) beantragte die Erstattung der seinerzeit als Steuerschuldnerin zu Unrecht gezahlten Umsatzsteuer am 30.12.2014. Der entsprechende Umsatzsteuer-Änderungsbescheid 2009 konnte daher frühestens im Jahr 2015 ergangen sein. Da der Umsatzsteuer-Erstattungsanspruch der Leistungsempfängerin erst mit der Änderung des Umsatzsteuer-Bescheids 2009 gegenüber der Firma X frühestens im Jahr 2015 entstanden sein kann, ist eine Hemmung nach § 171 Abs. 14 AO ausgeschlossen. Denn die reguläre Festsetzungsverjährung trat bereits mit Ablauf des 31.12.2014 ein.