Die Anwendung der Differenzbesteuerung ist auch in Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs zulässig. Die Erwerbsbesteuerung soll sich hingegen nicht auf die Margenbesteuerung auswirken. Hier kommt aber die Möglichkeit der Beantragung eines Billigkeitserlasses in Betracht.
Hintergrund
Der Kläger ist Kunsthändler.
Er betreibt Galerien in mehreren deutschen Städten.
Im Laufe des Jahres 2014 (Streitjahr) bezog er auch Kunstgegenstände von Künstlern, die im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässig waren.
Diese Lieferungen wurden von den Künstlern in ihren Ansässigkeitsstaaten jeweils als steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen behandelt.
Der Kläger versteuerte die innergemeinschaftlichen Erwerbe mit dem ermäßigten Steuersatz.
Mit Einspruch gegen einen geänderten Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für den Voranmeldungszeitraum Dezember 2014 machte der Kläger geltend, dass § 25a Abs. 7 Nr. 1 Buchst. a UStG, wonach die Differenzbesteuerung keine Anwendung auf die Lieferung eines Gegenstands finde, den der Wiederverkäufer innergemeinschaftlich erworben habe, wenn auf die Lieferung des Gegenstands an den Wiederverkäufer die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen im übrigen Gemeinschaftsgebiet angewendet worden sei, unionsrechtswidrig sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 22.12.2015 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.
In der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2014 erfasste der Kläger die streitbefangenen Umsätze unter Anwendung der Differenzbesteuerung.
Das Finanzamt lehnte die Anwendung der Differenzbesteuerung ab. Vielmehr sei die Umsatzsteuer auf das gesamte Entgelt zu erheben.
Erste Entscheidungen des EuGH: Differenzbesteuerung entgegen dem deutschen UStG anwendbar
Das FG legte dem EuGH die Sache zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH entschied, dass Art. 316 Abs. 1 Buchst. b MwStSystRL es gestatte, dass ein steuerpflichtiger Wiederverkäufer von Kunstgegenständen auf im Rahmen einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung erworbene Gegenstände bei der Weiterlieferung die Differenzbesteuerung anwenden dürfe. Ein Vorsteuerabzug aus der Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb komme dann allerdings nicht in Betracht.
Mit Folgeentscheidung ließ das FG bei Anwendung der Differenzbesteuerung die vom Kläger getragene Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb als margenmindernde Kosten zu.
Gegen die letztgenannte Entscheidung des FG wandte sich die Finanzverwaltung. Der BFH legte dem EuGH den Fall zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH verneinte bei Anwendung der Differenzbesteuerung mit Hinweis auf Art. 317 MwStSystRL einen Abzug der Umsatzsteuer bei innergemeinschaftlichem Erwerb.
Entscheidung
Als Nachfolgeentscheidung hat der BFH entschieden, dass die Berücksichtigung der auf den innergemeinschaftlichen Erwerb entfallenden Steuer nicht in Betracht komme. Der BFH weist darauf hin, dass er an die Entscheidung des EuGH gebunden sei. Offensichtlich war der BFH geneigt, eine andere – wirtschaftlich überzeugendere – Auffassung zu vertreten.
Gleichwohl wurde die Sache erneut an das FG zurückverwiesen. Der Hintergrund lag darin, dass die Vorinstanz die nicht abziehbare Umsatzsteuer mit rd. 59.200 EUR bezifferte, wohingegen die Erwerbsteuer in der Einspruchsentscheidung mit rd. 60.100 EUR bemessen wurde.