Beim Übergang von Vermögen auf eine Familienstiftung ist für die Bestimmung der anwendbaren Steuerklasse und des Freibetrags als „entferntest Berechtigter“ zum Schenker derjenige anzusehen, der nach der Stiftungssatzung potenziell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten kann.

Hintergrund

Die Klägerin errichtete zusammen mit ihrem Ehemann die U Familienstiftung. Die Stiftung wurde mit Vermögen ausgestattet; der Steuerwert des übertragenen Vermögens betrug 443.051 EUR.

Im Stiftungsgeschäft und in der Stiftungssatzung wurde angegeben, die Familienstiftung habe zum Zweck die angemessene Versorgung der Klägerin und ihres Ehemanns, die angemessene finanzielle Unterstützung der Tochter der Stifter sowie die angemessene finanzielle Unterstützung weiterer Abkömmlinge des Stammes der Stifter, jedoch erst nach Wegfall der vorherigen Generation.

Das Finanzamt sah für Zwecke der Schenkungsteuer hinsichtlich der Übertragung des Vermögens auf die Familienstiftung als „entferntest Berechtigten“ die in der Stiftungssatzung angeführten „weiteren Abkömmlinge“ an. Es ordnete den Erwerb der Steuerklasse I („Abkömmlinge der Kinder und Stiefkinder“) zu, brachte für die „übrigen Personen der Steuerklasse I“ einen Freibetrag i. H. v. 100.000 EUR in Abzug und setzte Schenkungsteuer i. H. v. 59.175 EUR fest. Der hiergegen erhobene Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen.

Die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg. Das FG war der Auffassung, dass das Finanzamt bei der Bestimmung des „entferntest Berechtigten“ die Stiftungssatzung zutreffend dahingehend verstanden habe, dass auch eine mögliche Urenkelgeneration nach dem Satzungszweck potenziell begünstigt sein sollte.

Entscheidung

Der BFH ist der Auffassung, dass das FG zutreffend entschieden habe, dass im Streitfall die Schenkungsteuer für die Übertragung des Vermögens auf die Familienstiftung der Klägerin unter Berücksichtigung eines Freibetrags von 100.000 EUR nach der Steuerklasse I für Abkömmlinge von Kindern und Stiefkindern und einem Prozentsatz von 15 % festzusetzen sei.

Als „entferntest Berechtigter“ seien mögliche Urenkel der Stifter anzusehen, da diese nach der Stiftungssatzung potenziell Vermögensvorteile erlangen könnten.

Für die Bestimmung des „entferntest Berechtigten“ sei nicht erheblich, dass eine Urenkelgeneration bei Errichtung der Stiftung noch nicht geboren sei. Ebenso wenig komme es darauf an, ob mögliche Urenkel tatsächlich jemals finanzielle Unterstützung aus der Stiftung erhalten würden.

Die Formulierung des „entferntest Berechtigten“ sei dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige bezeichnet werde, der nach der Stiftungssatzung potenziell Vermögensvorteile aus der Stiftung erhalten solle.

Der „Berechtigte“ entspreche dem nach der Stiftungssatzung „potenziell Begünstigten“, der durch den Erwerb von Vermögensvorteilen aus der Stiftung begünstigt sein könne. Eine Unterscheidung dahingehend, dass – wie die Klägerin meint – mit dem Begriff des „Berechtigten“ der sofort Anspruchsberechtigte gemeint sei und sich dieser vom „Begünstigten“, der erst später anspruchsberechtigt sein solle, unterscheide, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.

„Entferntest Berechtigter“ sei stets derjenige Berechtigte, für den die schlechteste Steuerklasse Anwendung fände, wäre die Zuwendung direkt vom Stifter an diesen erfolgt. Bei der Bestimmung, wer „entferntest Berechtigter“ sei, sei nicht darauf abzustellen, ob die Person einen klagbaren Anspruch auf den Vermögensvorteil aus der Stiftung habe. Es komme – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch nicht darauf an, ob die nach der Stiftungssatzung „entferntest Berechtigten“ zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäfts schon geboren seien oder jemals geboren würden. Eine solche Voraussetzung enthalte der gesetzliche Wortlaut nicht. Der „entferntest Berechtigte“ müsse im Zeitpunkt der Errichtung der Familienstiftung daher noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt sein. Ausreichend sei, wenn er es erst in der Generationenfolge werde.

Wer bei der einzelnen Familienstiftung als „entferntest Berechtigter“ anzusehen sei, sei der Formulierung in der jeweiligen Stiftungssatzung zu entnehmen. Damit obliege es dem Stifter, den Kreis der aus dem Stiftungsvermögen potenziell Begünstigten festzulegen.

Die Errichtung einer Familienstiftung solle typischerweise familienrechtlich die finanzielle Versorgung nachfolgender Generationen sicherstellen. Erbschaftsteuerrechtlich biete sie die Möglichkeit, bei potenzieller Begünstigung auch von in der Generationenfolge zeitlich weiter entfernten direkten Abkömmlingen durch entsprechende Gestaltung des Stiftungsgeschäfts höhere Freibeträge zu erhalten, als wenn bei der ersten Übertragung von Vermögen auf die Stiftung auf das Verhältnis des Stifters zu der Stiftung selbst abzustellen und beide als fremde Dritte anzusehen wären.

Die Höhe des zu gewährenden Freibetrags bei der Besteuerung des Vermögensübergangs auf eine Familienstiftung könnte daher unterschiedlich ausfallen und würde davon abhängen, ob die Stiftungssatzung als potenziell Begünstigte Kinder, Enkel oder Urenkel anführe. Gleichwohl komme es in allen diesen Fällen insgesamt zu einer Besserstellung hinsichtlich des Freibetrags bei der Schenkungsbesteuerung für den Übergang von Vermögen auf die Familienstiftung.

Zuwendungen bei der Errichtung einer Familienstiftung sind privilegiert und geben dem Stifter die Möglichkeit, eine günstigere Steuerklasse und einen höheren Freibetrag zu erhalten. Da das Gesetz auf die Bestimmungen der Stiftungssatzung abstelle, habe es der Stifter in der Hand, das Privileg so zu nutzen, wie er es für am besten für seine Familie halte.