Für die Annahme einer einheitlichen Erstausbildung ist der Gesamtplan des Kindes, sein Berufsziel erst durch eine weitere Ausbildung zu erreichen, nicht das allein maßgebliche Kriterium. Insbesondere bei einem Studium neben einer Vollerwerbstätigkeit ist darüber hinaus zu prüfen, ob die Berufstätigkeit oder die Ausbildung im Vordergrund steht.

Hintergrund

Der Vater V erhielt Kindergeld für seinen Sohn M. M beendete im Juni 2013 seine Ausbildung zum Bankkaufmann und trat eine Vollerwerbsstelle an. Die Familienkasse hob daraufhin die Kindergeldfestsetzung für Juli 2013 bis Januar 2014 auf und forderte das Kindergeld zurück. Im Februar 2014 begann M einen berufsbegleitenden Studiengang zum Bankfachwirt/Bankkolleg, der bis Juni 2016 andauerte. Die Zulassung zum Studium erfolgte bereits im Dezember 2013.

Im Dezember 2017 beantragte V rückwirkend Kindergeld für den Zeitraum ab der Beendigung der Ausbildung zum Bankkaufmann im Juli 2013 bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres im Februar 2015. M hatte mit der Ausbildung zum Bankkaufmann sein angestrebtes Berufsziel noch nicht erreicht. Die Ausbildung zum Bankkaufmann und die folgenden Studiengänge (Bankfachwirt/Bankkolleg) waren aufeinander abgestimmt und stellten eine einheitliche Berufsausbildung dar.

Das Finanzgericht entschied, dass der Gesamtplan des Kindes, das Ende der Berufsausbildung erst durch den Abschluss „Bankfachwirt“ zu erreichen, die Vollzeiterwerbstätigkeit überlagerte.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof widerspricht der Auffassung des Finanzgerichts, dass der Gesamtplan des Kindes das maßgebliche Kriterium bei der Prüfung einer erstmaligen Berufsausbildung ist. Die Erstausbildung in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist enger auszulegen als die Berufsausbildung in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG. Für die Abgrenzung einer einheitliche Erstausbildung (mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit) von einer Erwerbstätigkeit (mit daneben berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) sind die bestehenden Rechtsprechungsgrundsätze fortzuentwickeln und zu präzisieren.

An einer einheitlichen Erstausbildung kann es fehlen, wenn das Kind nach Erlangung des ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit aufnimmt und die daneben in einem weiteren Ausbildungsabschnitt durchgeführten Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Ob die nach Erlangung des Abschlusses aufgenommene Berufstätigkeit die Hauptsache und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen eine (auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete) Nebensache darstellen, ist anhand einer Gesamtwürdigung zu entscheiden.

Nichtzutreffend ist die Würdigung des Finanzgerichts, dass der berufsbegleitende Studiengang „Bankfachwirt“ zusammen mit der Ausbildung zum Bankkaufmann noch eine einheitliche Erstausbildung darstellte. Der Gesamtplan des Kindes, die Ausbildung endgültig erst mit Abschluss des Bankbetriebswirts als beendet anzusehen, kann nicht das allein maßgebliche Kriterium für die Annahme einer einheitlichen Erstausbildung sein und alle anderen Kriterien überlagern. Eine einheitliche Erstausbildung kann daher durch das angestrebte Berufsziel des Kindes nicht begründet werden. Entscheidend sind die vom Bundesfinanzhof entwickelten Kriterien, ob die Berufstätigkeit oder die Ausbildung im Vordergrund steht.