Bei Rücknahme eines Antrags auf verbindliche Auskunft gibt es keine Ermessensreduzierung auf Null dahingehend, dass die Gebührenermäßigung sich nach der Bemessung einer Zeitgebühr ausrichtet.

Hintergrund

Die X-KG hat ihren Sitz im Inland. Da mehrere ihrer Gesellschafter die Begründung eines Zweitwohnsitzes im Ausland planten, beantragte die KG beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft insbesondere zur steuerlichen Entstrickung ihrer Beteiligungen.

Aufgrund des Antrags kam es zu umfangreichen rechtlichen Prüfungen durch das Finanzamt, das Landesamt für Steuern und das Landesfinanzministerium. Dabei wurden auch alternative Sachverhaltsgestaltungen diskutiert. Die Finanzverwaltung blieb jedoch dabei, dass der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft abzulehnen sei.

Die KG nahm darauf ihren Antrag auf Erteilung der verbindlichen Auskunft zurück, da die Gesellschafter inzwischen von der Verlagerung ihres Wohnsitzes in das Ausland Abstand genommen hatten. Das Finanzamt setzte für die Bearbeitung des Auskunftsersuchens eine Gebühr von 98.762 EUR fest. Dabei ging das Finanzamt von einem Gegenstandswert von 30 Mio. EUR (Höchstbetrag) aus, der grundsätzlich eine Gebühr von 109.736 EUR begründet hätte. Wegen der Rücknahme des Antrags sei es jedoch – ausgehend von dem bisherigen Bearbeitungsaufwand von 156 Stunden bei weiter erforderlichen 10 bis 15 Stunden – sachgerecht, die Gebühr um 10 % auf 98.762 EUR zu ermäßigen.

Die hiergegen von der KG erhobene Klage, die Gebühr auf 15.600 EUR herabzusetzen, hatte Erfolg. Das Finanzgericht meinte, durch die Rücknahme des Antrags sei der Gebührenzweck der Vorteilsabschöpfung entfallen, sodass es nur noch auf den Gebührenzweck der Kostendeckung ankomme. Dies führe zu einer Ermessensreduzierung auf Null in der Weise, dass lediglich die Zeitgebühr i. H. v. 15.600 EUR abzurechnen sei (156 Stunden x 100 EUR pro Stunde).

Entscheidung

Die Revision des Finanzamts ist begründet. Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und wies die Klage ab. Der angefochtene Bescheid, in dem das Finanzamt die Gebühr auf 98.762 EUR festgesetzt hat, ist frei von Ermessensfehlern.

AEAO zu § 89, Nr. 4.5.2 schreibt (lediglich) vor, den bis zur Rücknahme des Antrags angefallenen Bearbeitungsaufwand „angemessen“ zu berücksichtigen und die Gebühr „anteilig“ zu ermäßigen. Weitere Vorgaben zur konkreten Berechnung der Ermäßigung enthält die Regelung nicht. Ihr kann somit keine generelle Begrenzung auf die Zeitgebühr entnommen werden. Vielmehr trifft die Regelung auch bei einer proportionalen Reduzierung der Wertgebühr im Verhältnis des bisherigen zu dem noch ausstehenden Bearbeitungsaufwand zu. Im Übrigen bezieht sich die Ermäßigung nach § 89 Abs. 7 Satz 2 AO auf „die Gebühr“. Damit kann als Ausgangspunkt nur die Gebühr gemeint sein, die sich zuvor aus § 89 Abs. 4 bis 6 AO ergeben hat. Ein grundsätzlicher Wechsel von der Wert- zur Zeitgebühr (oder umgekehrt) ist dagegen nicht vorgesehen.

Die vom Gesetzgeber verfolgten Gebührenzwecke führen ebenfalls nicht zu der vom Finanzgericht angenommenen Ermessensreduzierung auf Null. Der Gebührenpflicht liegen die 2 Gebührenzwecke der Kostendeckung für die Bearbeitung des Antrags und der Abschöpfung des vom Antragsteller erlangten Vorteils zugrunde.

Das Finanzamt hat für die Gebührenermäßigung zutreffend auf die Wertgebühr nach § 89 Abs. 4 AO abgestellt. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Zeitgebühr nach § 89 Abs. 6 AO waren nicht erfüllt. Die vom Finanzamt vorgenommene Kürzung nach dem Verhältnis des bisherigen zu dem noch ausstehenden Bearbeitungsaufwand ist mit den Vorgaben der ermessenslenkenden AEAO zu § 89 Nr. 4.5.2 und den Gebührenzwecken vereinbar. Dem bisher angefallenen Bearbeitungsaufwand von 156 Stunden stand ein noch zu erwartender Bearbeitungsaufwand von 10 bis 15 Stunden gegenübersteht. Das führt zu der vom Finanzamt angenommenen Reduzierung der Wertgebühr um 10 %.