Auch bei Einnahmenüberschussrechnern ist periodenübergreifend zu ermitteln, ob im betrachteten Gewinnermittlungszeitraum Überentnahmen vorliegen. Diese sind bei Einnahmenüberschussrechnern nicht auf die Höhe eines niedrigeren negativen Kapitalkontos zu begrenzen, das zum Ende des jeweiligen Gewinnermittlungszeitraums nach bilanziellen Grundsätzen vereinfacht ermittelt wird.
Hintergrund
Der Kläger war in den Jahren 2010, 2011 und 2013 als Architekt in einer Einzelpraxis tätig und erzielte Einkünfte aus selbstständiger Arbeit. Er ermittelte seinen Gewinn im Wege der Einnahmenüberschussrechnung. Die Gewinne wurden gesondert festgestellt. Hinzurechnungsbeträge für nicht abzugsfähige Schuldzinsen enthielten die Gewinnermittlungen nicht.
Das Finanzamt ging davon aus, dass für den Zeitraum vom Inkrafttreten der Vorschrift nach dem 31.12.1998 bis zum Ende des Jahres 2002 periodenübergreifend eine Überentnahme des Klägers in Höhe von 35.467 EUR vorlag. Ausgehend von diesem Anfangswert und den Gewinnen, Einlagen und Entnahmen der Folgejahre ermittelte das Finanzamt eine Überentnahme zum 31.12.2009 in Höhe von 131.073 EUR.
Für die Streitjahre ergaben sich danach Überentnahmen (2010: 112.104 EUR; 2011: 169.944 EUR; 2013: 178.656 EUR), obwohl in den Streitjahren 2010 und 2013 für sich betrachtet die Höhe der Entnahmen jeweils niedriger als die Summe aus den Gewinnen und Einlagen des Klägers war. Unter Berücksichtigung der abzugsfähigen Zinsen für Investitionsdarlehen und des gesetzlichen Kürzungsbetrags von 2.050 EUR berechnete das Finanzamt aus den verbliebenen Schuldzinsen für die Streitjahre Hinzurechnungsbeträge in Höhe von gerundet 2.309 EUR (2010), 3.713 EUR (2011) und 1.335 EUR (2013). Die sich hieraus ergebenden höheren Gewinne der Streitjahre stellte das Finanzamt in den geänderten Feststellungsbescheiden entsprechend fest.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof wies die Revision des Klägers als unbegründet zurück.
Bei Steuerpflichtigen mit einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG ist im Rahmen der sinngemäßen Anwendung der Vorschrift der Betrag der Überentnahmen periodenübergreifend zu ermitteln ist. Dies folgt aus dem Grundtatbestand in § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG („Überentnahmen“), insbesondere aber aus der Berechnungsvorschrift in § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG.
So können Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG in einem Wirtschaftsjahr auch dann nicht abziehbar sein, wenn in diesem Jahr selbst keine Überentnahme zu verzeichnen ist, denn die nicht abziehbaren Schuldzinsen können auch ausschließlich auf den Überentnahmen früherer Jahre beruhen.
Die Begrenzung der Überentnahme eines Gewinnermittlungszeitraums auf die Höhe eines (vereinfacht ermittelten) niedrigeren bilanziellen negativen Eigenkapitals sieht das Gesetz nicht vor. Eine solche Auslegung widerspräche auch dem Normzweck der sinngemäß anzuwendenden Regelungen in § 4 Abs. 4a Sätze 2 und 3 EStG und dem Zweck der Einnahmenüberschussrechnung i. S. d. § 4 Abs. 3 EStG als vereinfachter Gewinnermittlungsmethode.
Überentnahmen können auch in Gewinnermittlungszeiträumen gegeben sein können, in denen die Entnahmen geringer als die Summe aus dem Gewinn und den Einlagen des Gewinnermittlungszeitraums sind.
- 4 Abs. 4a Sätze 2 und 3 EStG sind im Rahmen der sinngemäßen Anwendung auf Einnahmenüberschussrechner nicht in der Weise auszulegen, dass ein periodenübergreifend ermittelter Überentnahmebetrag auf die Höhe eines (vereinfacht ermittelten) niedrigeren bilanziellen negativen Eigenkapitals zu begrenzen ist.