Veräußert eine erschließungspflichtige Gemeinde ein Grundstück und übernimmt der Erwerber dabei die vertragliche Verpflichtung, für die zukünftige Erschließung des Grundstücks einen bestimmten Betrag zu zahlen, ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs regelmäßig nur das unerschlossene Grundstück.

Hintergrund

Mit notariellem Kaufvertrag erwarben die Eheleute von der erschließungspflichtigen Gemeinde ein unbebautes und nicht erschlossenes Grundstück. Der Vertrag nennt einen Gesamtpreis und splittet diesen in einen Teilbetrag für den Grund und Boden und einen weiteren Teilbetrag für die Erschließungskosten auf. Zu den Erschließungskosten heißt es in dem Vertrag, enthalten seien sämtliche bereits erbrachten und noch zu erbringenden Kosten der Ersterschließung.

Bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer legte das Finanzamt den Gesamtpreis (unter Einbeziehung der Erschließungskosten) zugrunde.

Das Finanzgericht wies die auf die Minderung der Bemessungsgrundlage um die Erschließungskosten gerichtete Klage ab. Der Kaufvertrag sei angesichts des einheitlichen Kaufpreises dahin auszulegen, dass die Gemeinde den Käufern das Grundstück in erschlossenem Zustand zu verschaffen habe.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof hob das Finanzgerichtsurteil auf und änderte den Grunderwerbsteuer-Bescheid dahin ab, dass die Erschließungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Bei der Übernahme der künftigen Erschießung zu einem bestimmten Betrag ist regelmäßig nur das unerschlossene Grundstück Gegenstand des Erwerbsvorgangs.

Dieses Verbot ergibt sich aus § 127 Abs. 1, § 132 BauGB. Dagegen verstoßende Vereinbarungen sind nichtig. Als Ausnahme hiervon können die Gemeinden mit den Eigentümern vor Entstehung der Beitragspflicht einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über die Ablösung des gesamten Erschließungsbeitrags schließen. Das wirksame Zustandekommen eines solchen Vertrags setzt die vollständige Ablösung des Erschließungsbeitrags vor Entstehen der Beitragspflicht voraus. Eine derartige Ablösungsabrede kann grundsätzlich mit einem Kaufvertrag verbunden werden, soweit sich die privatrechtlichen und die öffentlich-rechtlichen Elemente des Vertrags (Kaufpreis und Ablösungsbetrag) trennen lassen. Daraus ergibt sich im Gegenschluss, dass eine privatrechtliche Vereinbarung über die Ablösebeträge unzulässig ist. Andernfalls könnten durch Wahl der privatrechtlichen Handlungsform die Vorgaben des öffentlichen Rechts umgangen werden.

Zu den Auslegungsregeln gehört der Grundsatz der gesetzeskonformen Auslegung, d. h. einer Auslegung, die nicht zur Unwirksamkeit einer Vereinbarung führt. Ist das Auslegungsergebnis nicht eindeutig, ist daher nur die Auslegung interessengerecht, die die Nichtigkeit des angestrebten Vertrags vermeidet.

Im Streitfall ist der Vertrag insoweit nicht eindeutig als er einerseits einen Gesamtkaufpreis benennt und andererseits diesen in einen Teilbetrag für den Grund und Boden sowie einen Teilbetrag für die Erschließungskosten aufteilt. Dem Grundsatz der gesetzeskonformen Auslegung entsprechend ist die nicht eindeutige Vereinbarung so auszulegen, dass sie insgesamt so weit wie möglich wirksam ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Ablösevereinbarung ihrerseits den öffentlich-rechtlichen Anforderungen genügt und wirksam geworden ist. Ist dies der Fall (Wirksamkeit der Ablösevereinbarung), besteht der Vertrag aus einem zivilrechtlichen und einem öffentlich-rechtlichen Teil. Im anderen Fall (Unwirksamkeit der Ablösevereinbarung) verbliebe es bei dem zivilrechtlichen Kaufvertrag über das unerschlossene Grundstück. In beiden Fällen ergibt sich die Bemessungsgrundlage aus dem Wert des Grundstücks.