Die Regelung zu den Kinderbetreuungskosten in § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG verstößt nicht gegen die Steuerfreiheit des Existenzminimums und den allgemeinen Gleichheitssatz. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Betreuungsaufwendungen desjenigen Elternteils, der das Kind nicht in seinen Haushalt aufgenommen hat, durch den ihm gewährten Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf abgedeckt werden.

Hintergrund

Der Kläger ist Steuerberater und Vater einer 2013 geborenen Tochter. Seit dem Jahr 2018 lebte er von der Mutter des Kindes dauernd getrennt. Im Streitjahr 2020 hatte die Tochter ihren ausschließlichen Wohnsitz bei der Mutter und gehörte nicht zum Haushalt des Klägers. Er schuldete den Barunterhalt, während die Mutter für die Betreuung der Tochter verantwortlich war. Ehegattenunterhalt zahlte der Kläger nicht.

Die Tochter besuchte im Streitjahr zunächst einen Kindergarten und nach ihrer Einschulung den Hort der Grundschule. Die Mutter überwies in diesem Jahr für den Besuch des Kindergartens insgesamt 250 EUR und für den Besuch des Schulhorts insgesamt 348 EUR an die jeweilige Einrichtung. Der Kläger erstattete der Mutter jeweils den halben Monatsbeitrag.

In seiner Einkommensteuererklärung für 2020 machte der Kläger die Hälfte der Betreuungsaufwendungen für Kindergarten und Schulhort als Sonderausgaben geltend. Die „Höhe der getragenen Kinderbetreuungskosten“ gab er mit 299 EUR an.

Im Einkommensteuerbescheid für 2020 versagte das Finanzamt dem Kläger den begehrten Sonderausgabenabzug für die Kinderbetreuungskosten, da die Tochter während des gesamten Veranlagungszeitraums nicht zum Haushalt des Klägers gehörte.

Das FG wies die Sprungklage ab.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Dem Sonderausgabenabzug des Klägers steht entgegen, dass die Tochter im Streitjahr allein zum Haushalt der Mutter und nicht auch zum Haushalt des Klägers gehörte. Der steuerliche Abzug für die konkreten vom Kläger getragenen Kosten der Betreuung der Tochter im Kindergarten und im Schulhort lässt sich auch nicht auf eine andere Vorschrift des EStG stützen.

Die als Verfahrensmangel des FG gerügte Verletzung der Pflicht, dem BVerfG die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle zur verfassungsgerichtlichen Prüfung vorzulegen, liegt nicht vor. Die Voraussetzungen für die Vorlage an das BVerfG im erstinstanzlichen Verfahren waren nicht gegeben. Dass ein Beteiligter des Klageverfahrens eine entscheidungserhebliche Norm für verfassungswidrig hält, begründet keine Vorlagepflicht des zur Entscheidung berufenen Gerichts, das von der Verfassungswidrigkeit nicht überzeugt ist.

Der BFH ist ebenfalls nicht davon überzeugt, dass § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG im Fall des Klägers ein Eltern- bzw. Familiengrundrecht oder den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt.

Ein Verstoß des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG gegen Art. 6 Abs. 1 GG ist im Hinblick auf das Existenzminimum der Tochter, des Klägers oder seiner Familie schon wegen der gewährten Freibeträge zu verneinen. Gemäß § 32 Abs. 6 EStG erhielt der Kläger im Streitjahr für die bei beiden Eltern zu berücksichtigende minderjährige Tochter den Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) und daneben auch den Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag).

Aufgrund des ausdrücklich auch den Betreuungsbedarf betreffenden BEA-Freibetrags ist im Streitfall eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG in Gestalt einer Beeinträchtigung des familiären Existenzminimums durch die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht ersichtlich. Denn der dem Kläger gewährte BEA-Freibetrag lag mit 1.320 EUR wesentlich höher als der von ihm für die Kindergarten- und Hortbeiträge entrichtete Betrag von 299 EUR, dessen Abzug als Sonderausgaben er i. H. v. 199 EUR unter Verweis auf das GG begehrt. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass das Existenzminimum der Tochter, des Klägers oder der Familie des Klägers wegen § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht mehr gewahrt gewesen sein könnte.