Erneuerung von Elektro-, Heizungs- und Sanitärinstallationen: Herstellungskos-ten oder Erhaltungsaufwendungen?

Eine zu Herstellungskosten führende wesentliche Verbesserung ist bei einem Wohngebäude immer dann gegeben, wenn mindestens 3 der Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung, nämlich Elektro-, Heizungs-, Sanitärinstallationen und Fenster, von Grund auf erneuert werden (sog. Standardsprung).

Hintergrund

Streitig war, ob Umbaukosten für ein 1861 erbautes und der Vermietung dienendes Wohnhaus Herstellungskosten oder Erhaltungsaufwendungen darstellen. Das Finanzamt kam im Rahmen einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die durchgeführten Instandsetzungen zu lediglich abschreibbaren Herstellungskosten geführt hatten und versagte entsprechend die vom Steuerpflichtigen begehrte Verteilung der Aufwendungen als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen nach § 82b EStDV auf mehrere Jahre.

Entscheidung

Nach erfolglosem Einspruch hatte auch die sodann eingelegte Klage keinen Erfolg. Denn eine zu Herstellungskosten führende wesentliche Verbesserung ist bei einem Wohngebäude immer dann gegeben, wenn der Gebrauchswert (das Nutzungspotential) des Gebäudes durch die Baumaßnahmen in bestimmter Weise gehoben wird. Dies setzt voraus, dass mindestens 3 der Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung, nämlich Elektro-, Heizungs-, Sanitärinstallationen und Fenster, von Grund auf erneuert werden (sog. Standardsprung).

Das FG entschied, dass die Kosten für die grundlegende Renovierung der vermieteten Wohnung in einem alten Bauernhaus als Herstellungskosten zu qualifizieren sind, da u. a. folgende Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt worden waren:

  • Decken- und Wandschalungen wurden demontiert, die Lattung und Isolierung abgerissen, die Teppichböden und Türen entfernt, die Trennwände der Süd- und Nordseite abgerissen, bei den restlichen Wänden der Putz und die Fliesen abgeschlagen, die Treppe herausgerissen, teils tragende Altlädenböden herausgeschnitten und neue Deckenbalken eingebaut, der bestehende Balkon gesichert sowie neu verankert und die Außenwände gesichert,
  • Kunststofffenster und eine Kunststofftür wurden mit 2-fachem Wärmeschutzglas eingesetzt,
  • die Elektroinstallation wurde erneuert, ein Antennen-, Telefon- und Sprechanlagenkabel neu verlegt,
  • die Böden wurden trittschallisoliert sowie der Bodenbelag neu verlegt,
  • neue Flachheizkörper und Badheizkörper wurden installiert sowie im Bad eine neue Duschanlage, Waschtischanlage, Wannenanlage und WC-Anlage hergestellt.

Durch die Baumaßnahmen wurde der Gebrauchswert (das Nutzungspotential) der Obergeschosswohnung gehoben und dadurch ein Standardsprung erreicht mit der Folge, dass die Herstellungskosten nur im Rahmen der Abschreibung nach § 7 Abs. 4 Nr. 2a EStG ab Fertigstellung der Baumaßnahmen abzugsfähig sind.

Firmenwagen: Wann spricht der Anscheinsbeweis für Privatnutzung?

Trotz Nutzungsverbot kann der Anscheinsbeweis bei einem an einen Alleingesellschafter-Geschäftsführer überlassenen Pkw für eine Privatnutzung sprechen.

Hintergrund

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Klägerin eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) aufgrund einer privaten Nutzung eines betrieblichen Pkw durch ihren alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer zu berücksichtigen war. Das Finanzamt nahm für einen Firmenwagen der gehobenen Mittelklasse eine private Mitnutzung durch den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer an und rechnete außerbilanziell eine vGA i. H. v. 4.000 EUR dem zu versteuernden Einkommen der GmbH hinzu. Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor, der Firmenwagen werde von dem Geschäftsführer ausschließlich betrieblich genutzt und er sei verpflichtet, den Pkw nach Geschäftsschluss auf dem Firmengelände abzustellen. Es liege zudem ein vertragliches Nutzungsverbot für Privatfahrten mit dem Pkw vor.

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen, da das Finanzamt dem Grunde nach zu Recht aufgrund eines von der Klägerin nicht erschütterten Anscheinsbeweises im Zusammenhang mit der privaten Nutzung des Pkw eine verdeckte Gewinnausschüttung gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG außerbilanziell hinzugerechnet hat. Da es sich bei der privaten Nutzung eines Pkw um eine steuerbegründende Tatsache handelt, trägt grundsätzlich das Finanzamt die objektive Beweislast dafür, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer den betrieblichen Pkw tatsächlich zu privaten Zwecken genutzt hat.

Aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass ein Alleingesellschafter-Geschäftsführer einen ihm zur Verfügung stehenden betrieblichen Pkw unabhängig von einem vereinbarten Nutzungsverbot auch für private Fahrten nutzt, da nicht zu erwarten ist, dass ein Verstoß gegen ein Privatnutzungsverbot aufgrund des fehlenden Interessengegensatzes eine Konsequenz nach sich ziehen würde. Die private Nutzung eines Pkw führt zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, die nicht mit dem lohnsteuerrechtlichen Wert, sondern im Rahmen des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nach Maßstäben eines Fremdvergleichs zu bewerten ist.

Die Regeln der Feststellungslast kommen jedoch erst zum Zuge, wenn das zu beweisende Tatbestandsmerkmal nicht ersichtlich ist. Zuvor ist im Rahmen der Beweiswürdigung zu prüfen, ob sich das FG ggf. unter Anwendung der Regeln des Anscheinsbeweises, eine Überzeugung von den tatsächlichen Lebensumständen bilden kann. Ein solcher Beweis des ersten Anscheins trägt der allgemeinen Lebenserfahrung Rechnung. Er beruht auf der Erfahrung, dass gewisse typische Sachverhalte bestimmte Folgen auslösen. Der Anscheinsbeweis greift nur in Fällen ein, in denen ein gewisser Sachverhalt feststeht, der nach der Lebenserfahrung auf einen bestimmten Ablauf hinweist. Liegt ein solcher Erfahrungssatz vor und sind seine Voraussetzungen erwiesen, so ist es Sache des nicht beweisbelasteten Beteiligten, einen vom gewöhnlichen Verlauf abweichenden Gang des Geschehens substantiiert darzulegen und zu beweisen. Aufgrund des Anscheinsbeweises steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Alleingesellschafter-Geschäftsführer den betrieblichen Pkw auch privat genutzt hat. Die Klägerin hat diesen Anscheinsbeweis nicht entkräften können.

Was bedeutet „persönliches Erscheinen“ vor Gericht?

Hat das Gericht das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet, kann es im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens den Antrag des Klägers, ihm die Teilnahme am Erörterungstermin per Videokonferenz zu gestatten, ablehnen.

Hintergrund

Mit Verfügung vom 21.8.2023 hatte der Vorsitzende des Senats im Klageverfahren das persönliche Erscheinen des Klägers zur mündlichen Verhandlung angeordnet. Der Kläger stellte daraufhin den Antrag, ihm zu gestatten, sich nach § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO per Videokonferenz an der mündlichen Verhandlung zu beteiligen.

Entscheidung

Das FG hat den Antrag abgelehnt. Das Gericht kann den Beteiligten, ihren Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Die Verhandlung wird zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen.

Die Entscheidung des Gerichts, ob den Beteiligten und/oder ihren Vertretern zu gestatten ist, als Abwesender Verfahrenshandlungen vorzunehmen, ist eine Ermessensentscheidung. Im Grundsatz sind bei der Ermessensentscheidung des Gerichts einerseits das Interesse des Antragstellers und/oder seines Bevollmächtigten und andererseits die Bedeutung der Grundsätze der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit im konkreten Einzelfall abzuwägen.

Gemessen an den vorstehend skizzierten Grundsätzen war der Antrag nach § 91a Abs. 1 Satz 1 FGO abzulehnen. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens beruhte auf der Überlegung, dass das persönliche Erscheinen des Klägers und seine Anwesenheit im Verhandlungsraum für den Fortgang des Verfahrens förderlich erscheint. Hinter diesem Aspekt muss das Interesse des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten, aus Gründen der Zeit- oder Kostenersparnis von der unmittelbaren Anwesenheit im Verhandlungssaal dispensiert zu werden, zurücktreten.

Betriebsausgabenabzug für die Anschaffung eines Sportwagens verboten

Die Kosten für einen Supersportwagen sind nicht abziehbarer Repräsentationsaufwand.

Hintergrund

Eine GmbH erwarb einen Sportwagen zu einem Kaufpreis von 218.800 EUR. Das Fahrzeug war mit Formel-1-Technologie ausgestattet und das bisher einzige Serienfahrzeug seiner Art. Der Wagen wurde in der Folgezeit kaum bewegt. Der Gesellschafter-Geschäftsführer setzte ihn sporadisch für Fahrten zwischen Büro und Wohnort ein, zudem für Fahrten zum Flughafen und zur Bank.

Die GmbH nahm zudem an Rennsportveranstaltungen teil, an denen der Supersportwagen präsentiert und zuvor per Lkw oder Anhänger angeliefert wurde. Später begründete die GmbH den neuen Geschäftsbereich „Motorsport“ und veranstaltete selbst eigene Rennsportveranstaltungen. Der Geschäftsführer beantragte eine Rennlizenz beim Deutschen Motor Sport Bund e. V.

Das Finanzamt stufte die Kosten für den Wagen (anteilig) als nicht abziehbaren Repräsentationsaufwand i. S. v. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG ein und versagte insoweit den Betriebsausgabenabzug. Die GmbH machte dagegen geltend, dass sich ihr Konzern gezielt auf Produktionsunternehmen mit hoher technischer Kompetenz fokussiere (insbesondere in der Automobilindustrie) und die Präsentation des Supersportwagens ihnen gegenüber das „Corporate Image“ des Konzerns stärken solle. Die Rennsportveranstaltungen dienten dem Kontaktaufbau, dem Beteiligungserwerb, der Netzwerkpflege und informellen Gesprächen mit Wettbewerbern.

Entscheidung

Das FG entschied, dass die Kosten für den Supersportwagen dem Abzugsverbot für Repräsentationsaufwand nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG unterliegen. Nach der Vorschrift dürfen Aufwendungen für Jagd und Fischerei, für Segel- oder Motorjachten, sowie für ähnliche Zwecke nicht den Gewinn mindern, soweit die damit verfolgten Zwecke nicht selbst Gegenstand einer mit Gewinnabsicht ausgeübten Tätigkeit des Unternehmens sind.

Unter das Abzugsverbot fallen Ausgaben, die keinen streng geschäftlichen Charakter haben, wie Luxusausgaben, Ausgaben für Vergnügungen und Repräsentationsaufwendungen. Kosten für „ähnliche Zwecke“ können auch Kosten für Oldtimer oder Rennwagen sein, die eine ähnliche Nähe zur privaten Lebensführung aufweisen, wie die Jagd, die Fischerei oder Jachten.

Das Fahrzeug im vorliegenden Fall war der Prototyp eines Sportwagens, der für Aufsehen im Straßenbild sorgte, der sportlichen Betätigung diente und geeignet war, ein Affektionsinteresse des Halters auszulösen – für ihn also einen ideellen Wert hatte. Das Fahrzeug diente damit typisierend den privaten Interessen des Gesellschafter-Geschäftsführers. Er war zu Unterhaltungszwecken von Geschäftsfreunden genutzt worden.

Das Abzugsverbot für Repräsentationsaufwendungen konnte auch nicht mit dem Argument umgangen werden, dass der Einsatz des Sportwagens einer eigenen, mit Gewinnabsicht ausgeübten Tätigkeit des Unternehmens diente. Das FG vertrat insoweit die Auffassung, dass kein Zusammenhang mit dem neuen Geschäftsbereich „Motorsport“ bestanden hatte, da hierfür andere Rennwagen eingesetzt worden waren.

Sind die Kosten einer Unterbringung in einer Wohngemeinschaft abziehbar?

Aufwendungen für die krankheits-, pflege- und behinderungsbedingte Unterbringung in einer dem jeweiligen Landesrecht unterliegenden Wohngemeinschaft sind als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Hintergrund

Die Kläger sind Eheleute. Sie wurden im Streitjahr 2016 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Der in 1965 geborene Kläger ist seit Januar 2007 aufgrund eines Motorradunfalls und eines Hirntumors schwerbehindert. Sein Schwerbehindertenausweis weist als Grad der Behinderung 100 und die Merkzeichen G (erheblich gehbehindert), B (Begleitung bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel nötig) und H (hilflos) aus. Zum 1.1.2017 wurde er von der Pflegekasse in Pflegegrad 4 (schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit) übergeleitet. Seit November 2015 wohnt er gemeinsam mit anderen pflegebedürftigen Menschen in einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen i. S. d. § 24 Abs. 2 WTG NW, in der er rund um die Uhr von einem ambulanten Pflegedienst und Ergänzungskräften betreut, gepflegt und hauswirtschaftlich versorgt wird. Die Klägerin wohnte weiterhin mit den beiden Kindern im Eigenheim der Kläger.

Für sein teilmöbliertes Zimmer entrichtete der Kläger eine monatliche Miete i. H. v. 250 EUR. Zuzüglich zahlte er einen (Fest-)Betrag i. H. v. 13.920 EUR an die Vermieter für Kost und andere Lebenshaltungskosten sowie hauswirtschaftliche Hilfs- und Betreuungsleistungen.

Seit Dezember 2015 bezog der Kläger einen (Wohngruppen-)Zuschlag nach § 38a SGB XI, der von der Pflegekasse unmittelbar an den, den Kläger betreuenden, ambulanten Pflegedienst geleistet wurde.

In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger die Aufwendungen für die Unterbringung in der Wohngemeinschaft gem. § 33 EStG sowie den erhöhten Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG i. H. v. 3.700 EUR geltend.

 

 

Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr und im anschließenden Einspruchsverfahren gewährte das Finanzamt zwar den Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG, erkannte jedoch die Aufwendungen für die Unterbringung in der Wohngruppe nicht als außergewöhnliche Belastung an. Es begründete dies damit, dass der Kläger nicht in einem Heim i. S. d. § 1 HeimG bzw. in einer sog. Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot nach § 18 Abs. 1 WTG NW, sondern in einer selbstverantworteten Wohngemeinschaft untergebracht sei. Eine solche unterfalle gem. § 25 WTG NW nicht den Anforderungen des Wohn- und Teilhabegesetzes.

Der hiergegen erhobenen Klage gab das FG teilweise statt. Den Behinderten-Pauschbetrag gem. § 33b EStG berücksichtigte es im Einverständnis mit den Klägern nicht.

Entscheidung

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen.

Krankheitskosten erwachsen dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig. Dies gilt auch für Aufwendungen für die krankheits- oder pflegebedingte Unterbringung des Steuerpflichtigen in einer dafür vorgesehenen Einrichtung, sodass die Aufwendungen dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung i. S. d. § 33 EStG zu berücksichtigen sind. Es gelten die allgemeinen Grundsätze über die Abziehbarkeit von Krankheitskosten. Erforderlich ist lediglich, dass die Aufwendungen mit der Krankheit und der zu ihrer Heilung oder Linderung notwendigen Behandlung in einem adäquaten Zusammenhang stehen und nicht außerhalb des Üblichen liegen. Entsprechendes gilt, wenn der Steuerpflichtige behinderungsbedingt in einer dafür vorgesehenen Einrichtung untergebracht ist.

Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung sind allerdings um eine Haushaltsersparnis, die der Höhe nach den ersparten Verpflegungs- und Unterbringungskosten entspricht, zu kürzen, es sei denn, der Pflegebedürftige behält seinen Haushalt bei. Die Haushaltsersparnis des Steuerpflichtigen schätzt die Rechtsprechung entsprechend dem in § 33a Abs. 1 EStG vorgesehenen Höchstbetrag für den Unterhalt unterhaltsbedürftiger Personen.

Der Kläger war aufgrund seiner schweren Behinderung und der damit einhergehenden Pflegebedürftigkeit in einer Wohngemeinschaft mit Betreuungsleistungen nach § 24 WTG NW untergebracht. Hierbei handelt es sich um ein Wohn- und Betreuungsangebot, in dem mehrere ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderung in einer Wohnung mit einem gemeinsamen Hausstand leben und ihnen von einem oder mehreren Leistungsanbietern Betreuungsleistungen angeboten werden. Demgemäß haben Pflegebedürftige, die mit mindestens 2 und höchstens 11 weiteren Personen in einer (solchen selbstverantworteten) ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung zum Zweck der gemeinschaftlich organisierten pflegerischen Versorgung leben und davon mindestens 2 weitere Personen pflegebedürftig i. S. d. §§ 14, 15 SGB XI sind, unter weiteren Voraussetzungen, einen Anspruch auf einen pauschalen (Wohngruppen-)Zuschlag gegenüber der Pflegekasse. Diesen Zuschlag erhielt auch der Kläger.

Die Unterbringung des Klägers in der selbstverantworteten Wohngemeinschaft ist danach seiner Pflegebedürftigkeit geschuldet. Die Kosten der Unterbringung sind den Klägern damit aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf es nicht. Erforderlich ist lediglich, dass die Aufwendungen – wie im Streitfall unstreitig – mit der durch die Behinderung eingetretenen Pflegebedürftigkeit in einem adäquaten Zusammenhang stehen und nicht außerhalb des Üblichen liegen.

Der Umstand, dass der Kläger nicht in einem Heim i. S. d. § 1 HeimG bzw. in einer Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot nach § 18 Abs. 1 WTG NW untergebracht ist, steht der Anerkennung der Unterbringungskosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG nicht entgegen.

 

 

Dahingehendes ist weder im Tatbestand des § 33 EStG angelegt, noch hat der BFH die Unterbringung des Steuerpflichtigen in einem Heim i. S. d. § 1 HeimG bzw. in einer Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot nach § 18 Abs. 1 WTG NW zur Abzugsvoraussetzung für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung erhoben.

Voraussetzung für den Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG ist nicht, dass dem Kläger von dem Betreiber der Einrichtung neben Wohnraum auch Betreuungsleistungen zur Verfügung gestellt werden und damit eine umfassende Gesamtversorgung „aus einer Hand“ erbracht wird. Ausreichend ist, dass der Kläger als (Mit-)Bewohner einer Wohngemeinschaft jenseits der Wohnraumüberlassung von einem oder mehreren (externen) Leistungsanbietern (gemeinschaftlich organisiert) Betreuungs-, Pflege- und Versorgungsleistungen bezieht.

Ohne Bedeutung ist auch, ob die Wohngemeinschaft der Heimaufsicht, der behördlichen Qualitätssicherung oder einer anderen Form der Überwachung unterliegt.

Es bedarf daher auch nicht der Unterscheidung, ob es sich um eine anbieterverantwortete Wohngemeinschaft oder um eine selbstverantwortete Wohngemeinschaft handelt. Denn beide Wohngemeinschaften dienen nicht anders als ein „Heim“ oder eine Einrichtung mit umfassendem Leistungsangebot zuvörderst dem Zweck, ältere oder pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit Behinderung aufzunehmen und ihnen Wohnraum zu überlassen, in dem die notwendigen Betreuungs-, Pflege- und Versorgungsleistungen erbracht werden.

Die Unterbringungskosten sind jedoch nur insoweit abziehbar, als sie die Haushaltsersparnis übersteigen, da dem Kläger nur insoweit gegenüber der normalen Lebensführung zusätzliche und damit berücksichtigungsfähige Mehraufwendungen entstanden sind.

Eine Berücksichtigung des Behinderten-Pauschbetrags nach § 33b EStG neben den Aufwendungen für die behinderungsbedingte Unterbringung kommt nicht in Betracht.

Wo liegt die erste Tätigkeitsstätte eines angestellten Bauleiters?

Eine Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers ergibt sich nicht allein daraus, dass der Arbeitnehmer die Einrichtung nur gelegentlich zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufsuchen muss, im Übrigen aber seine Arbeitsleistung ganz überwiegend außerhalb der festen Einrichtung erbringt.

Hintergrund

Kläger sind Eheleute, die für die Streitjahre 2015 bis 2017 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die Kläger wohnten in W. Der Kläger war in den Streitjahren als Bauleiter bei der Y-AG, einem international tätigen Bauunternehmen, beschäftigt. Die Y-AG unterhielt eine Niederlassung in der X-Straße in Z.

Nach § 1 des Arbeitsvertrags des Klägers war sein „Einstellungsort“ in Z. Ihm stand in den Streitjahren ein Firmenwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. In ihren Lohnsteuer-Anmeldungen und den Lohnabrechnungen des Klägers berücksichtigte die Y-AG im Rahmen der Nutzung des Firmenwagens für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte die sog 0,03 %-Regelung. Ausgehend von einem Listenpreis des Fahrzeugs von 24.900 EUR und einer Entfernung von 29 km zwischen der Wohnung der Kläger und der von der Y-AG in der X-Straße in Z angenommenen ersten Tätigkeitsstätte des Klägers setzte diese insoweit einen Sachbezug in Höhe von monatlich 216,63 EUR an.

In ihren Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit u. a. Werbungskosten für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte geltend. Als Ort der ersten Tätigkeitsstätte gaben die Kläger jeweils „Z“ an. Sie erklärten, der Kläger habe die erste Tätigkeitsstätte im Jahr 2015 an 215 Tagen (gemäß berichtigter Anlage N), im Jahr 2016 an 209 Tagen und im Jahr 2017 an 217 Tagen aufgesucht. Außerdem machten sie Verpflegungsmehraufwendungen des Klägers mit einer Abwesenheit von mehr als 8 Stunden an 178 Tagen im Jahr 2015 (gem. berichtigter Anlage N), an 162 Tagen im Jahr 2016 und an 168 Tagen im Jahr 2017 geltend. Zum Beleg der Verpflegungsmehraufwendungen reichten sie Bescheinigungen der Y-AG ein.

Das Finanzamt erkannte die Verpflegungsmehraufwendungen für 2015 nicht an. Die Entfernungspauschale berücksichtigte das Finanzamt hingegen erklärungsgemäß für 215 Tage. Für 2016 und 2017 setzte es die Verpflegungsmehraufwendungen demgegenüber wie erklärt an, kürzte dafür aber die Entfernungspauschale auf 47 Tage (2016) bzw. auf 49 Tage (2017).

Das FG gab der Klage statt.

Entscheidung

Der BFH hat entschieden, dass der Kläger in der Niederlassung der Y-AG in der X-Straße in Z nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügte. Das FG hat ausgehend hiervon den Arbeitslohn des Klägers zu Recht um die sich aus der Anwendung der 0,03 %-Regelung ergebenden Beträge reduziert und die geltend gemachten Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten anerkannt.

Für die private Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs zu privaten Fahrten gilt nach § 8 Abs. 2 Satz 2 des EStG die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend. Kann ein Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte genutzt werden, erhöht sich dieser Wert gem. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG nach Maßgabe der tatsächlichen Benutzung des Dienstwagens für solche Fahrten. Der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG (0,03 %-Regelung) kommt nur zur Anwendung, wenn und soweit der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte nutzt. Nach diesen Rechtsgrundsätzen scheidet der Ansatz eines Nutzungsvorteils nach der 0,03 %-Regelung im Streitfall aus. Denn der Kläger verfügte in den Streitjahren nicht über eine erste Tätigkeitsstätte, sodass die Nutzung des ihm von der Y-AG überlassenen Kraftfahrzeugs für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von vornherein nicht in Betracht kam.

Nach der gesetzlichen Konzeption – und der die Neuordnung des steuerlichen Reisekostenrechts prägenden Grundentscheidung – wird die erste Tätigkeitsstätte vorrangig anhand der arbeits(vertrag)- oder dienstrechtlichen Zuordnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bestimmt, hilfsweise mittels quantitativer Kriterien.

Die rechtliche Würdigung des FG, in der Zuordnung des Klägers zum Bezirk der Niederlassung der Y-AG in Z nicht auch eine Zuordnung zu dem Gebäude der Niederlassung in der X-Straße zu erblicken, von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Insbesondere waren die Tätigkeiten, die der Kläger der Y-AG als Bauleiter schuldete, so angelegt, dass sie jedenfalls ganz überwiegend außerhalb des Gebäudes der Niederlassung in Z zu erbringen waren. Bei dieser Sachlage kann nicht ohne weitere – im Streitfall fehlende – Anhaltspunkte angenommen werden, eine Zuordnung des Klägers zum Bezirk der Niederlassung in Z bedeute auch gleichzeitig eine Zuordnung zu dem Niederlassungsgebäude in Z. Der Kläger war der Niederlassung der Y-AG in Z vielmehr lediglich aus organisatorischen Gründen zugeordnet, ohne dass damit auch eine Festlegung des Tätigkeitsorts verbunden war. Dies stellt keine Zuordnung des Arbeitnehmers i. S. v. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG dar.

Das FG hat dem Kläger auch den Werbungskostenabzug wegen des Verpflegungsmehraufwands zu Recht zugesprochen. Mehraufwendungen des Arbeitnehmers für die Verpflegung sind nach Maßgabe von § 9 Abs. 4a EStG als Werbungskosten abziehbar. Wird der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig (auswärtige berufliche Tätigkeit), ist nach § 9 Abs. 4a Satz 2 und 3 EStG zur Abgeltung der ihm tatsächlich entstandenen, beruflich veranlassten Mehraufwendungen eine nach Abwesenheitszeiten gestaffelte Verpflegungspauschale anzusetzen. Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Denn liegen die Voraussetzungen des Absatz 4 nicht vor und ist der Arbeitnehmer gleichwohl außerhalb seiner Wohnung beruflich tätig, befindet er sich ebenfalls auf Auswärtstätigkeit. Nach § 9 Abs. 4a Satz 6 EStG ist der Abzug der Verpflegungspauschalen allerdings auf die ersten 3 Monate einer längerfristigen beruflichen Tätigkeit an derselben Tätigkeitsstätte beschränkt. Da der Kläger – entgegen der vom Finanzamt vertretenen Auffassung – nicht über eine erste Tätigkeitsstätte verfügte, sind die Abwesenheitszeiten des Klägers von seiner Wohnung aus zu berechnen.

Kapitalvermögen: Stellt der Ausfall eines Gesellschafterdarlehens einen Verlust dar?

Ein Darlehen eines Gesellschafters an eine GmbH stellt eine sonstige Kapitalforderung dar. Deshalb kann ein endgültiger Darlehensausfall ein Verlust sein, der einer Veräußerung der Kapitalforderung gleichzustellen ist.

Hintergrund

Der Kläger war an einer GmbH zuletzt mit 80 % beteiligt und auch deren Geschäftsführer. Der Kläger hatte der GmbH am 27.12.2015 2 unbesicherte Darlehen über 100.000 EUR bzw. 50.000 EUR gewährt. Im Jahr 2016 wurde über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet.

In der Einkommensteuererklärung 2016 machten die Kläger einen Verlust nach § 17 EStG i. H. v. 170.000 EUR geltend, der sich aus 20.000 EUR Verlust des Stammkapitals und 150.000 EUR Verlust aus Darlehen zusammensetzte. Das Finanzamt anerkannte hiervon nur 20.000 EUR als Verlust an. Mit Einspruch begehrten die Kläger zudem noch eine Bürgschaftsinanspruchnahme i. H. v. 18.500 EUR als weiteren Verlust nach § 17 EStG anzuerkennen. Der Einspruch blieb jedoch erfolglos.

Entscheidung

Das FG beurteilte die hiergegen erhobene Klage als begründet. Es führt aus, dass die vom BFH (BFH, Urteil v. 11.7.2017, IX R 36/15) angeordnete Weitergeltung der früheren Rechtsprechungsgrundsätze zu den eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen lediglich eine Option darstellt. Den Klägern steht es damit frei, die Verluste aus dem Darlehensausfall als negative Einkünfte gem. § 17 EStG im Teileinkünfteverfahren geltend zu machen oder aber wie hier, die steuerlich vorteilhaftere Berücksichtigung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu beantragen.

Zudem hat das FG klargestellt, dass auch ein Gesellschafterdarlehen den Begriff einer sonstigen Kapitalforderung jeder Art i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfüllt, sodass – bei gegebener Einkünfteerzielungsabsicht – deren endgültiger Ausfall zu einem Verlust i. S. d. § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG führen kann. Dementsprechend waren 150.000 EUR als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen anzuerkennen.

Zur Umsatzsteuer bei einer Bruchteilsgemeinschaft vor dem 1.1.2023

Eine Bruchteilsgemeinschaft erbringt keine Leistungen gegen Entgelt als Unternehmer.

Hintergrund

Der Kläger war bis Oktober 2014 Alleineigentümer eines Grundstücks, auf dem sich ein Hotelgebäude befand. Das Grundstück hatte er seit 2011 an seinen Sohn umsatzsteuerpflichtig vermietet, der es für den Betrieb eines Hotels mit Restaurant unternehmerisch nutzte.

Mit Vertrag vom 20.10.2014 übertrug der Kläger das hälftige Miteigentum an dem Grundstück auf seine Ehefrau. Im Anschluss daran veräußerten die Ehegatten durch Vertrag vom 20.1.2015 das Grundstück an ihren Sohn. Einen Verzicht auf die Steuerfreiheit der Grundstücksübertragung erklärten die Ehegatten nicht.

Das Finanzamt ging davon aus, dass eine steuerfreie Grundstückslieferung beim Kläger zu einer Berichtigung des von ihm zuvor in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs gem. § 15a UStG führe. Es liege keine nach § 1 Abs. 1a UStG nichtsteuerbare Geschäftsveräußerung vor. Das FA erließ am 20.3.2019 einen entsprechenden Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 22.5.2019 als unbegründet zurück.

Die dagegen erhobene Klage wies das FG ab, ohne die Revision zum BFH zuzulassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der er geltend macht, dass das Urteil des FG nicht erkennen lasse, welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen für die Entscheidung des FG maßgeblich waren.

Entscheidung

Die Beschwerde des Klägers führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Das Urteil des FG leidet an einem vom Kläger zu Recht gerügten Verfahrensmangel, auf dem es beruhen kann, da es nicht mit Gründen versehen ist.

Eine Entscheidung ist nicht mit Gründen versehen, wenn sie nicht erkennen lässt, welche tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Erwägungen für sie maßgeblich waren. Der Begründungszwang bezweckt, die Prozessbeteiligten über die das Urteil tragenden Erkenntnisse und Überlegungen des Gerichts zu unterrichten.

Im Streitfall ergibt sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils, dass der Kläger vor dem Streitjahr seiner Ehefrau hälftiges Miteigentum an dem Grundstück eingeräumt hatte und dass im Streitjahr dementsprechend der Kläger und seine Ehefrau das Grundstück an den Sohn geliefert hatten. Geht das FG unter diesen Umständen – und mangels jeglicher Anhaltspunkte für das Bestehen einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts – nicht der Frage nach, ob sich der vom FA angenommene Vorsteuerberichtigungsanspruch gegen den Kläger oder gegen eine aus ihm und seiner Ehefrau gebildete Bruchteilsgemeinschaft richtet, ist es in Bezug auf einen wesentlichen Streitpunkt nicht möglich, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

Nach der neueren Rechtsprechung des BFH kann eine Bruchteilsgemeinschaft keine entgeltlichen Leistungen erbringen, sodass sie nicht Unternehmerin ist und stattdessen von einer anteiligen Leistungserbringung durch die Miteigentümer auszugehen ist. An dieser Rechtsprechung hält der BFH ausdrücklich fest und sieht sich insbesondere durch die Rechtsprechung des EuGH bestätigt. Danach ist für die Frage, wer eine entgeltliche Leistung erbracht hat, zu ermitteln, wer die wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausgeübt hat. Dies richtet sich danach, wer „eine wirtschaftliche Tätigkeit im eigenen Namen, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausübt und ob er das mit der Ausübung dieser Tätigkeit einhergehende wirtschaftliche Risiko trägt“.

Diese Kriterien kann eine Bruchteilsgemeinschaft, deren Bedeutung sich auf die Umschreibung einer Rechtszuständigkeit beschränkt und die keine Tätigkeiten ausüben kann, nicht erfüllen. Sie ist im Gegensatz zu ihren Teilhabern (Miteigentümern), die diese Gemeinschaft bilden, weder in der Lage, eine wirtschaftliche Tätigkeit im eigenen Namen, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung auszuüben noch kann sie ein mit dieser Tätigkeit einhergehendes wirtschaftliches Risiko tragen.

Im Streitfall ist danach nur dann von einem gegen den Kläger gerichteten Vorsteuerberichtigungsanspruch auszugehen, wenn er umsatzsteuerrechtlich aufgrund der geänderten BFH-Rechtsprechung auch im Streitjahr – neben seiner Ehefrau – Vermieter des Hotelgrundstücks war.

Demgegenüber folgt aus der früheren, zwischenzeitlich aufgegebenen Rechtsprechung, dass im Streitjahr umsatzsteuerrechtlich eine Vermietung – und dann Veräußerung – des Hotelgrundstücks durch eine vom Kläger personenverschiedene Bruchteilsgemeinschaft vorlag. Letzteres führte dazu, dass eine Vorsteuerberichtigung – im Hinblick auf eine dann im Verhältnis von Kläger und Bruchteilsgemeinschaft vorliegende Geschäftsveräußerung nach § 1 Abs. 1a UStG gem. § 1 Abs. 1a i. V. m. § 15a Abs. 10 UStG – bei dieser, nicht aber beim Kläger vorzunehmen wäre.

Der BFH hält es für sachgerecht, das angefochtene Urteil gem. § 116 Abs. 6 FGO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, denn das Urteil des FG lässt nicht erkennen, welche tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen für das FG maßgeblich waren. Ob im Streitfall die frühere oder die neue BFH-Rechtsprechung der Besteuerung zugrunde zu legen ist, bestimmt sich nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO. Hierzu sind in einem zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen, insbesondere zur formellen Bescheidlage vor Ergehen des angefochtenen Umsatzsteuer-Jahresbescheids, zu treffen.

Sind Umsätze aus Geldspielautomaten von der Umsatzsteuer befreit?

Für Umsätze aus Glücksspielen mit Geldeinsatz sieht Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL keine zwingende Steuerbefreiung vor.

Hintergrund

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass die von ihr betriebenen Geldspielautomaten in Spielhallen durch Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL umsatzsteuerbefreit sind. Das Finanzamt vertritt die gegensätzliche Ansicht.

Die vom FG gewährte Aussetzung der Vollziehung hat der BFH aufgehoben und den AdV-Antrag der Antragstellerin abgelehnt. Nach der dagegen gerichteten Anhörungsrüge der Antragstellerin war der BFH nicht auf das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses eingegangen. Auch hat der Oberste belgische Finanzhof im Hinblick auf den steuerlichen Neutralitätsgrundsatz das terrestrische Automatenspiel und das online angebotene Automatenspiel umsatzsteuerlich gleich behandelt und deshalb 2 Vorabentscheidungsersuche an den EuGH gerichtet. Würden 2 Oberste Finanzgerichtshöfe in der gleichen Steuerproblematik genau umgekehrt entscheiden, ergebe sich schon dadurch die Zweifelhaftigkeit der o. g. BFH-Entscheidung.

Über die Einsprüche der Antragstellerin gegen die Umsatzsteuerbescheide sowie über ihre Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ist noch nicht entschieden.

Entscheidung

Nach der (geänderten) Auffassung des FG sind die streitigen Umsatzsteuern nicht von der Vollziehung auszusetzen. Nach § 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG in der Fassung ab 6.5.2006 sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird, nicht von der Umsatzsteuer befreit. Die Umsätze der Antragstellerin aus dem Betrieb der Geldspielautomaten unterfallen nicht dem Rennwett- und Lotteriegesetz und sind deshalb nach nationalem Recht nicht steuerbefreit. Ebenso gibt Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL keine zwingende Steuerbefreiung für Umsätze aus Glücksspielen mit Geldeinsatz vor.

Eine Ungleichbehandlung gegenüber den öffentlichen Spielbanken besteht umsatzsteuerlich seit dem 6.5.2006 nicht mehr, da diese ab diesem Zeitpunkt durch den geänderten § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG, wie die Antragstellerin als gewerbliche Geldspielautomaten-Anbieterin, ebenfalls umsatzsteuerpflichtig sind.

Auch entspricht es einer gleichmäßigen Besteuerung, dass sowohl die Umsatzsteuer auf die Umsätze der öffentlichen Spielbanken als auch bei gewerblichen Geldspielautomaten-Anbietern nach den Kasseneinnahmen bemessen wird.

Seit dem 1.7.2021 unterliegen im Internet erlaubte virtuelle Automatenspiele unter bestimmten Voraussetzungen der virtuellen Automatensteuer. Während hiernach diese Umsätze aus virtuellen Geldspielautomaten seit dem 1.7.2021 gem. § 4 Nr. 9 Buchst. b Satz 1 UStG umsatzsteuerfrei sind, unterfallen die Umsätze aus terrestrischen Geldspielautomaten weiterhin der Umsatzsteuer.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gebietet der Grundsatz der steuerlichen Neutralität nicht, dass die Umsätze der Antragstellerin wie die der Anbieter virtueller Automatenspiele steuerfrei gestellt werden. Denn es fehlt an einer Gleichartigkeit der virtuellen und terrestrischen Geldspielautomaten, sodass nach Auffassung des FG die Umsätze nicht miteinander im Wettbewerb stehen.

Rechnungsabgrenzung erhaltener Zahlungen

Eine Schätzung der „bestimmten Zeit“ als Tatbestandsvoraussetzung für eine passive Rechnungsabgrenzung erhaltener Einnahmen ist zulässig, wenn sie auf „allgemeingültigen Maßstäben“ beruht. Daran fehlt es, wenn die angewendeten Maßstäbe auf einer Gestaltungsentscheidung des Steuerpflichtigen beruhen, die geändert werden könnte.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt. Sie gehört zu der in der Immobilienbranche tätigen A-Unternehmensgruppe. Innerhalb dieser Gruppe übernimmt sie die für die erfolgreiche Umsetzung geplanter Bauvorhaben erforderlichen Projektentwicklungsmaßnahmen und schließt dazu mit Projektgesellschaften der A-Gruppe Projektentwicklungs- und -durchführungsverträge ab. Für ihre Leistungen erhält sie als Regiekosten bzw. Regieerlöse bezeichnete Honorare, die Teil der für das jeweilige Objekt kalkulierten Gesamtinvestitionskosten oder Verkaufspreise sind. Die Regiekosten sind verteilt auf die voraussichtliche Laufzeit des jeweiligen Projekts in regelmäßigen Raten zu zahlen.

Im Streitjahr war die Klägerin an der Entwicklung von 12 großen Bauprojekten beteiligt. Die Vergütung der Klägerin für die mit Abschluss dieses Vertrags übertragenen Tätigkeiten (Leistungen der Klägerin für Projektentwicklung, technische und wirtschaftliche Projektbetreuung) bestand nach den Projektverträgen in einem pauschalen Tätigkeitshonorar. Das pauschale Tätigkeitshonorar wurde in monatlichen Raten fällig. Die Auszahlung der Monatsraten erfolgt jeweils am Ende eines Quartals für die Monatsraten des jeweiligen Quartals. Die Höhe der monatlichen Raten ergab sich aus einem Zahlungsplan.

Die Klägerin nahm in ihrer Gewinnermittlung für das Streitjahr eine passive Rechnungsabgrenzung von 5.028.080,21 EUR vor, der eine Aufteilung der von der Klägerin zu erbringenden Leistungen in 5 Phasen zugrunde lag, während derer ein in einem Prozentsatz darzustellender Anteil der Gesamtleistung zu erbringen war. In einer u. a. für das Streitjahr durchgeführten Außenprüfung beanstandete der Prüfer den gebildeten passiven Rechnungsabgrenzungsposten. Es fehle der erforderliche zeitliche und sachliche Zusammenhang zwischen den in den Projektverträgen zugrunde gelegten Zahlungsplänen und den durch die Klägerin zu erbringenden Leistungen. Die Leistungsermittlungen beruhten nur auf Schätzungen der Klägerin, deren Grundlagen nicht bekannt seien. Es sei allerdings von einem Erfüllungsrückstand der Klägerin zum 31.12.2008 auszugehen, der auf 2,5 Mio. EUR geschätzt werde; insoweit sei eine Rückstellung zu bilden.

Das Finanzamt folgte dem Bericht des Prüfers und erließ einen entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 2008. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das Finanzgericht wies die daraufhin erhobene Klage als unbegründet ab.

Entscheidung

Der BFH hat die Revision der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.

  • 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG und § 250 Abs. 2 HGB sollen gewährleisten, dass ein vom Steuerpflichtigen vorab vereinnahmtes Entgelt entsprechend dem Realisationsprinzip erst dann – durch Auflösung des passiven Rechnungsabgrenzungspostens – erfolgswirksam wird, wenn der Kaufmann seine noch ausstehende Gegenleistung erbracht hat. Da das bezogene Entgelt am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, als es „Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag“ darstellt, muss jedoch eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag (zumindest zeitanteilig) noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen. Für eine bereits vollzogene Leistung darf eine Rechnungsabgrenzung nicht erfolgen.

Wegen der für eine Rechnungsabgrenzung nach § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG erforderlichen zeitlichen Zuordenbarkeit des Entgelts („bestimmte Zeit“) muss die noch ausstehende Gegenleistung zeitbezogen oder periodisch aufteilbar sein. Als Zeitmaßstab kann daher nur eine Größe anerkannt werden, die – wie etwa ein kalendermäßig festgelegter oder berechenbarer Zeitraum – nicht von vornherein Zweifel über Beginn und Ende des Zeitraums aufkommen lässt. Individuelle Schätzungen der Dauer der Gegenleistung hat die Rechtsprechung daher nicht als ausreichend angesehen, wohl aber eine Schätzung aufgrund allgemeingültiger Maßstäbe. Danach ist die Entscheidung des FG, die von der Klägerin im Streitjahr erhaltenen Honorarzahlungen stellten in dem von ihr abgegrenzten Umfang nicht Ertrag für eine „bestimmte Zeit“ nach dem Bilanzstichtag dar, nicht zu beanstanden. Auch die zeitliche Zuordnung der erhaltenen Zahlungen durch die Klägerin genügt nicht den Anforderungen an die Bildung eines passiven RAP, da es sich um nicht hinreichend kontrollierbare Schätzungen der Klägerin handelt.

Im Ergebnis zutreffend hat das FG es auch abgelehnt, die im Streitjahr erhaltenen Honorare in dem von der Klägerin begehrten Umfang als erhaltene Anzahlungen zu passivieren. Eine Passivierung erhaltener Anzahlungen auf Bestellungen ist dort vorzunehmen, wo Vorleistungen auf eine zu erbringende Lieferung oder Leistung erfolgen. Als Leistung kommt hierbei auch eine Dienstleistung in Betracht. Eine Vorleistung ist dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Anspruch, auf den geleistet wird, rechtlich bereits entstanden ist.

Das Ziel der Passivierung einer Anzahlung, ein vereinnahmtes Entgelt erst dann erfolgswirksam zu erfassen, wenn es durch Erbringung der dafür noch ausstehenden Gegenleistung realisiert ist, ist zwar mit dem Zweck eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens vergleichbar. Anders als ein Entgelt, für das ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden kann, ist eine zu passivierende Anzahlung jedoch weder selbst auf einen bestimmten Zeitraum bezogen, noch hängt ihre Bilanzierbarkeit von einer zeitraumbezogenen Gegenleistung ab. Handelt es sich also bei der Leistung, für die die Zahlung erfolgt, um eine zeitraumbezogene und keine zeitpunktbezogene Leistung, kann die Passivierung der Zahlung nur im Wege eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens nach Maßgabe des § 5 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG, nicht aber als Anzahlung passiviert werden.